Die Steiermark ist – nicht nur für die Steirerinnen und Steirer – der schönste Fleck der Erde. Ein Teil der Erde in dem die Welt noch in Ordnung ist. In der man sicher und geborgen leben kann. Doch diese Idylle beginnt zu bröckeln. Wo ist am Land ein Arzt der Nachtdienst hat? Wie soll mein Kind in einer Schule gut Deutsch lernen, wo es sonst keine Kinder mit deutscher Muttersprache gibt? Wie soll ich mir das Wohnen noch leisten können, wenn die Mieten immer teurer werden? Warum bleibt mir am Monatsende immer weniger am Konto über? Wie soll ich mich um meine Mutter kommen, falls sie ein Pflegefall wird?

Diese und ähnliche Fragen stellen sich viele Steirerinnen und Steirer tagtäglich. Es sind dies in erster Linie Fragen der Gerechtigkeit. Wo bin ich geboren? In der Stadt oder am Land? Was vererben mir meine Eltern? Wieviel verdiene ich? Bin ich als Junge oder als Mädchen auf die Welt gekommen? Und vieles mehr. Alles Fragen der Gerechtigkeit: Denn die Steiermark wird immer ungerechter: sei es in der Vermögensverteilung, sei es in der Chancengerechtigkeit, sei es der Einkommensunterschied zwischen Mann und Frau, sei es im Stadt-Land-Gefälle oder seien es Unterschiede zwischen „guten“ und „schlechten“ Bezirken einer Stadt. Frustration und Wut macht sich breit. Umstände, die verständlich sind. Das Leben ist nicht einfacher geworden. Das Leben ist oftmals nicht besser geworden. Vielfach ist der Glauben an eine bessere Zukunft für die Kinder verloren gegangen. Wegzusehen, diese Umstände hinzunehmen wäre die einfachste, schnellste und dabei die falscheste aller Möglichkeiten.

Die Steiermark muss mutig vorangehen und könnte Vorreiterin in ihrem Wirkungsbereich sein. Denn auch in der Steiermark gibt es positive wie auch negative Beispiele, von denen man lernen bzw. die man vermeiden sollte. Beispielsweise in Neudau in der Oststeiermark ist es gelungen, Wohnen, um unter 4 Euro pro m² anzubieten, und dass bei einer Gemeinde, die wächst. Im beschaulichen Turnau in der Obersteiermark, wurden zusätzliche Kinderbetreuungseinrichtungen geschaffen, was am Land leider oft keine Selbstverständlichkeit ist, in Judenburg gibt es einen eigenen Beauftragten für Mietangelegenheiten und in Kapfenberg wurde das modernste Stahlwerk der Welt eröffnet.

Aber es gibt leider auch viele negative Beispiele: allen voran unsere wunderschöne Landeshauptstadt Graz. Viele wissen es nicht, aber die Verschuldung von Graz ist unter Bürgermeister Nagl explodiert. Allein im letzten Jahr um 100 Millionen Euro. Insgesamt 1,26 Milliarden Euro. Und dabei wird das Leben in Graz für die Grazerinnen und Grazer unter Bürgermeister Nagl nicht besser: Grünraum wird verbaut, Grundstücke an Spekulanten verscherbelt, Wohnraum wird teurer, die Stauproblematik bleibt ungelöst, der Feinstaub schadet vor allem den Kleinsten und den Ältesten und der öffentliche Verkehr kommt mit der wachsenden Bevölkerung nicht mehr mit. Am Land ist der Trend gegengleich zu Graz, wo Graz mit dem Zuzug überfordert ist, ziehen die Menschen in ländlichen Regionen mehr und mehr ab. Arbeitsplätzemangel, ein fehlendes Kulturangebot und schlechte Infrastruktur werden oftmals als Gründe genannt.

Fatal ist es, wenn dann am Land öffentliche Einrichtungen, wie bspw. Polizei- Post- oder Ärztestellen schließen. Besonders seit Mitte der 90er und dem Einsetzen der Globalisierung ist ein Dominoeffekt am Land bemerkbar: zuerst schließt das kleine Schuhgeschäft, weil es mit der internationalen Konkurrenz nicht mehr mithalten kann, dann muss der Fleischer wegen neuer Auflagen zusperren, daraufhin wird wegen „Sparmaßnahmen“ der Gendamerieposten dichtgemacht, der größte Arbeitgeber geht wegen eines Zahlungsausfalls in Konkurs, plötzlich muss auch das kleine Café wegen immer weniger Kunden zusperren, dann findet sich kein Nachfolger mehr für den Dorfarzt, die Tankstelle schließt, weil 5 Kilometer weiter ein SB-Automat errichtet wurde und als nächstes ist das Gasthaus, der zentrale Treffpunkt des Ortes dran.

So oder so ähnlich ist es vielen Gemeinden in der Steiermark ergangen. Die jungen Menschen ziehen weg, vor allem junge Frauen, übrig bleibt die ältere Bevölkerung. Der Zorn nimmt zu. Ursachen werden für diese Probleme gesucht. Ein Nährboden wie geschaffen für Rechtspopulistische Parolen. Einfache Antworten für komplexe Fragen. Hier ist die Politik gefordert. Sei es in einer ausgleichenden Stadtpolitik, die für soziale Durchmischung in den Schulen sorgt, die in problematischen Bezirken mehr Mittel einsetzt, die Anreize schafft, damit sich wieder Ärzte am Land niederlassen (zB durch spezielle Stipendien), die für leistbaren Wohnraum sorgt, die sich um die Betreuung der Kinder kümmert, die auf Landesebene Druck aufbaut, damit die Vermögensungleichheit in Österreich endlich wieder zurückgeht, damit auch Superreiche ihren fairen Anteil zahlen (im übrigen Geld, dass durch Steuerbetrug an anderer Stelle fehlt), die in ihrem Wirkungsbereich Maßnahmen für eine saubere Umwelt setzt (Biowende, Glyphosatverbot, etc.). Das alles ist machbar. Es braucht dazu nur den politischen Willen, den Mut und die Entschlossenheit.